Urvertrauen

Ja, ich denke der Säugling hat das, allein schon deshalb, weil dieses bedingungslose Vertrauen (das meint Urvertrauen) in der Regel im Mutterbauch neun Monate lang bestätigt wird. Und dann braucht er es ja die ersten Jahre. Er vertraut, dass er in seiner Bedürftigkeit wahrgenommen, gehört wird. In dieser Zeit allerdings kann es sowohl gefestigt als auch zerstört werden. Es dann später wieder aufzubauen, also dieses Urvertrauen - kenne ich kein positives Beispiel dafür. Vertrauen ja, aber nie mehr bedingungslos.

Hoch motiviert

Kinder kommen mit einer wunderbaren Gabe auf die Welt: Sie wollen lernen. Sie können lernen. Vom ersten Moment an. Was für ein Hammer. Damit ließe es sich doch prima interagieren, oder?

Wenn ich mir jedoch die ganzen öffentlichen Programme des Förderns und Forderns von Krabbelstuben bis zum Ende der Schulzeit genauer ansehe, dann stelle ich fest, dass es da ein gemeinsames, unausgesprochenes  Ziel zu geben scheint: Zerstört zügig und gerichtet diesen natürlichen Lernwillen. Kanalisiert ihn, schränkt ihn ein, ummauert ihn, zwingt ihn in diese oder jene Richtung. 

Und wenn das alles nicht funktioniert, dann macht ihn kaputt.

Der immense Aufwand, der dabei betrieben wird, bringt mich immer wieder zu der Frage: Vor was hat da wer und warum solche Angst? 

Tanze!

Ich mag dieses Video. Das eine schließt das andere nicht aus. Träume nicht beiseite schieben, sondern integrieren ins Hier und Jetzt. Einbinden in den Alltag. Nicht vergessen: Sorge für dich, dann kannst du auch für andere sorgen. Balance halten. Die Kinder sind eine Bereicherung für dein Leben, sei eine Bereicherung für das Leben deiner Kinder. Zeige ihnen, lebe ihnen vor, dass Träume umsetzbar sind. Tanze, tanze, tanze!

Niemals!

„So gehst du mir nicht aus dem Haus!“

Oh, ich erinnere mich genau: Hotpants waren damals der letzte Schrei. Aber ich durfte sie nicht anziehen. Zu unanständig. Zu provokant. Also Zwischenlager eingerichtet bei einer Freundin zum Umziehen vor und nach der Schule. Was ein Stress das gab, als meine Mutter mich dann mal unangekündigt von Schule abholte.

Ich habe mir damals geschworen, dass ich sowas niemals! zu meiner Tochter sagen und nie, niemals so einen Zirkus veranstalten würde.

Dann stand sie mit zehn Jahren im neckischen Bauch freiem Shirt vor mit. 

Und was passierte? Ich hab es gesagt! 

Pubertät. Wahnsinn.

Bester Rat für Eltern pubertierender Wesen: Es geht vorbei!

Kennst du das? Man sitzt gemütlich vorm PC, vertieft in irgendein ruhiges Spiel. Ganz entspannt und gelassen.

Ein Kreischen lässt einem von jetzt auf gleich erstarren und dann in panisches Entsetzen fallen.

Man springt auf, weil man denkt, der Gasboiler sei explodiert, der Hamster verreckt, die Waschmaschine ausgelaufen. Man stürzt in den Flur und dort steht die Tochter vorm Spiegel und schreit wie am Spieß.

Zumindest ähnelt dieses rotangelaufene, etwas schlaksige Wesen mit den zu langen Armen, die wie wild an irgendwelchen Kleiderfetzen rumzerren, entfernt dem Bild von dem süßen kleinen Dingelchen von vor kurzer Zeit, das man noch im Kopf mit sich herumträgt.

Auf die vorsichtige Frage (man ist ja lernfähig und bleibt lieber etwas indirekt), was denn los sei, bekommt man halb schluchzend, halb röchelnd mitgeteilt (kennst du den sterbenden Schwan? Ja, so in etwa!), dass die Welt am Untergehen sei, weil es nichts, aber auch gar nichts zum Anziehen gäbe für den heutigen Geburtstagsbesuch bei der besten Freundin!

Ähm.

Die leise geäußerte Vermutung, dass sie vielleicht nicht richtig in ihren Schrank geguckt hätte, führt dazu, dass der Ton ihrer Stimme um einige Grad tiefer und kälter wird.

"Man Mama, da ist doch nur Schrott drin. Wer soll das denn anziehen. Da gibt es nix drin, gar nix, was mir passt. Alle haben so tolle Kleider, nur ich, ich habe nichts!"

Ähm.

"Waren wir nicht erst vor einigen Tagen einkaufen? T-Shirts, Hose und Rock?"

"Och, das ist doch uralt. Außerdem hat die Kati gesagt, die Marianne meinte, und Amelie und Jule auch, aber die haben eh keine Ahnung, dass so was doch keiner mehr trägt! Ich will mich doch nicht blamieren! Und außerdem ist der Max doch auch da."

"Warum hast du es dir denn dann ausgesucht?"

"Weil ich dachte, dass es ...  dass es… ."

Blick zur Decke. Dann werden die Augen zugekniffen.

"Warum mischst du dich da überhaupt ein? Immer musst du mit mir rumbrüllen. Du hast doch keine Ahnung. So wie du rumläufst. Völlig uncool. Und Schuhe brauch ich auch neue!"

Ähm.

"Du hast noch welche im Schuhschrank."

"Und wozu soll ich die bitte anziehen? Die passen doch gar nicht zu meinen Klamotten!"

"Naja, da du eh angeblich keine coolen Sachen hast, ist es doch egal, zu was du die Schuhe anziehst. Hauptsache, du hast was an den Füssen."

Große Augen ihrerseits, Denkfalten auf der Stirn. Es qualmt quasi überm Kopf.

"Du bist so gemein. Alle bekommen neue Kleider. Nur ich nicht. Du liebst meinen Bruder ja eh mehr als mich. Der darf Filme gucken abends und ich nicht. Alle dürfen bis 22 Uhr raus, nur ich nicht. So war das schon immer! Immer! Immer! Keiner hat mich wirklich lieb!"

Ähm.

"Was hat das jetzt mit den Schuhen zu tun?"

"Du verstehst mich nicht. Keiner versteht mich. Alle hacken nur auf mir rum. Ich hasse euch alle, alle°! Und wenn wir nicht hier unten wohnen würden, dann, ja dann würde ich mich aus dem Fenster stürzen und dann würdest du schon sehen, was du davon hast!"

Tür knallt zu.

Den Tränen nahe greift man zum Telefon und ruft die beste Freundin an. Berät sich mit ihr. Ist man zu streng? Zu unnachgiebig. Nicht tolerant genug? Wälzt das Problem hin und her.  Überlegt sich eine tolle, pädagogisch einwandfreie Strategie für ein klärendes Gespräch.

Die Tür geht auf. Das Wesen, das wie die Tochter aussieht, kommt rein gehuscht, kuschelt sich auf den Schoß, küsst und knuddelt.

"Mamilein, kommst du bitte mit in den Keller? Biiiitteee. Ich möcht was aus der Truhe holen. Aber mich gruselt es so. Biiiitteeee!“

Achterbahnfahren. Unangeschnallt. Aber immerhin kostenlos.

Rückenschmerzen

"Es gibt viele Gründe dafür, dass Rückenschmerzen nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen zunehmen", sagt Marcus Schiltenwolf, Orthopäde an der Uniklinik Heidelberg. "Kinder spielen weniger und bewegen sich weniger draußen. Das führt zum Verlust an körperlicher Kompetenz, Fitness, und Körperkontrolle. Die Bewegungsfreude hat nachgelassen."

Sicher, Bewegungsmangel und auch seelischer Druck sind mit Gründe für die immer öfter auftretenden Rückenschmerzen bei Kindern und Jugendlichen.

Wenn ich mir allerdings früh morgens im Bus anschaue, was die Kinder da auf dem Rücken in die Schule schleppen, dann brauche ich keine wissenschaftlichen Studien, um mir zu erklären, warum da was schmerzt im Rücken. Ich habe vor Wochen so einen Schulranzen für ein kleines Mädchen mit zur Schule getragen, weil ich es nicht aushielt ihr zuzusehen, wie sie sich mit Ranzen und einem riesigem Turnbeutel abquälte. Danach war ich geschafft. Haben die einen Knall, das dem Kind zweimal am Tag zuzumuten? Warum machen die Eltern das mit?

Ernährung

Meine Erfahrung: Kleine Kinder haben in der Regel ein gutes und sicheres Sättigungsgefühl. Es wird ihnen aber immer noch abtrainiert, indem sie gezwungen werden, zu festgelegten Zeiten, vorgegebene Speisen in einer bestimmten Menge zu sich zu nehmen. Dies gilt auch und besonders für Säuglinge, denn hier fängt es an.

Ja, ich denke, es hat sich etwas verändert, doch es reicht noch lange nicht. Fürs Erste  spricht, dass sich immer mehr Erwachsene kluge Gedanken über die Ernährung machen, fürs Zweite spricht, dass dies manchmal in einem kontraproduktiven Brimborium auf Kosten der Kinder ausartet und immer noch der, oft gutgemeinte, Zwang die Nahrungsaufnahme bestimmt.

Hilfreich waren mir, zu Beginn meiner Arbeit mit Kindern, die Aussagen von Kinderärzten, dass Kinder in der Regel nicht verhungern, wenn insgesamt genug zubereitetes Essen angeboten wird.  Dazu gehört zum Beispiel auch, dass da geschnittenes Obst und Rohkost greifbar sind.

Übertriebene Thematisierung des Essens und Verbote und der ganze Firlefanz von "Nein, du bekommst nur ein Stück davon!"  und "Jetzt iss doch bitte das Müsli, das ist doch so gesund!" über "Ich habe mir so viel Mühe gemacht mit dem Kochen, jetzt iss es doch!" bis zum schrecklichen "Was du dir auf den Teller gemacht hast, das musst du auch aufessen!" haben nur ein einziges Ergebnis: Nahrung und Nahrungsaufnahme werden zu einem Problem hochstilisiert und der intuitiv gesunde Zugang des Kindes zum Essen wird für immer zerstört.

Und das Ritual des gemeinsamen Essens? Was ist daran das Wesentliche? Man sitzt gemeinsam am Tisch, unterhält sich, fühlt sich wohl. Das können Kinder auch genießen, ohne dass sie sich dabei ernähren müssen. Jedweder Zwang vermiest da nur und legt Muster, die zu einem ungesunden Verhalten führen. Und ja, kleine Kinder dürfen auch aufstehen, wenn es ihnen zu viel wird und ja, man kann für die Familie die Regel einführen, dass niemand alleine am Tisch essen muss. Beides zusammen, vorgelebt, indem man auch das Kind nie alleine lässt am Tisch, führt meistens dazu, dass mit der Zeit Kinder gerne auch sitzen bleiben, wenn noch jemand mit seinem Essen nicht fertig ist.

Woran merke ich persönlich, dass ein Kind anfängt ernährungsgestört zu sein? Wenn es anfängt, ungesunde Dinge, vor allem Süßes, wenn es denn ausnahmsweise (zum Beispiel Kindergeburtstage) freien Zugang dazu hat, ohne Sinn und Verstand in sich rein zu stopfen. Kinder mit einem noch natürlichen Sättigungsgefühl legen sogar die angebissene Schokolade wieder zurück, weil sie einfach satt sind. 

Falsches Essen? Zu viel Süßbatsch, zu viel Fettes, zu viel Ungesundes? Jesses, das kleine Kind geht doch nicht selber einkaufen. Wenn das Zeugs nicht im Haus ist, dann wird auch nicht drum gekämpft.  

Kurzfassung:

Kinder verhungern nicht bei genügend Angeboten, auch wenn sie über Tage nicht zugreifen.

Kinder werden nicht krank und entwicklungsgestört, wenn sie über Wochen nur ihre (gesunden) Lieblingsspeisen zu sich nehmen.

Das Angebot bestimmt hier die Nachfrage und für das Angebot bist du verantwortlich.

Essensaufnahme darf niemals zu einem Machtkampf werden. Niemals und in keiner Weise. Verlierer ist immer das Kind, mit oft lebenslangen Folgen.

Vertrau deinem Kind!

Ertappt

Huch, und jetzt?

Ertappt bei Sexspielchen vom eigenen Kinde: 

„Was macht ihr denn da? Darf ich mitspielen?“
„Es gibt Spiele für Erwachsene, die Erwachsene nur mit Erwachsenen spielen und es gibt Spiele für Kinder, die Kinder nur mit Kindern spielen.“
„Warum?“
„Weil Erwachsene Erwachsene besser verstehen und Kinder eben andere Kinder. Und weil zu einem Spiel auch gehört, dass man in etwa die gleichen Chancen beim Mitspielen hat. Es wäre unfair, wenn ein Erwachsener mit einem Kind ein Erwachsenenspiel spielen würde. Du würdest einfach nur verlieren.“
„Warum?“
„Weil... weil ... Kannst du bitte das nächste Mal anklopfen, bevor du ins Zimmer kommst, kleiner Schatz? Und kannst du bitte das nächste Mal die Tür vorher abschließen, großer Schatz!“

Ansonsten wäre ein offen, unbedarftes Lachen, ein beiläufiges Ablegen der eventuell seltsamen Accessoires und ein gemeinsames Rumtollen Richtung anderes Zimmer wohl meine spontane Reaktion. Später dann, wenn es passt und Bedarf besteht, ein paar klärende Worte, altersentsprechend und ohne dem zu viel Gewichtung zu geben. Und für sich selbst vielleicht ein ausgefeilteres Zeitmanagement und wirklich abgeschlossene Türen.

Wie geht ihr damit um? 

Blickwinkel

„Liebe geht durch den Magen!“ und frisst die verhungernde Seele auf.

Anna ist acht Jahre alt.
Sie lebt mit ihrer Mutter in einer kleinen Zwei-Zimmerwohnung.
Ihre Mutter arbeitet in Call Center.
Von morgens um sechs bis abends um fünf.
Anna geht in die Schule.
Anna ist dick.
Sagen die anderen Kinder.
Anna ist wohlgenährt.
Sagt die Mutter.
Sie ist stolz, dass sie dem Kind nichts abschlagen muss.
Dick Madame, Dampfwalze, Fettkloß!
Rufen die Kinder.
Mein Pummelchen, mein Sahnetörtchen, mein Zuckerstückchen!
Schmeichelt die Mutter.
Anna fühlt sich manchmal sehr alleine.

Dicke Kinder

Viele Kinder sind übergewichtig und haben zu wenig Bewegung. Sie essen das falsche Essen und trinken die falschen Getränke. Sie gucken zu viel TV und sitzen zu lange am Handy und vor dem  Pc. Ach?!

Dazu gehen mir folgende Gedanken, aus der Sicht von Kindern, durch den Kopf:

- Liebe Erwachsene, wenn ihr nicht wollt, dass eure Kinder fett werden, warum produziert ihr dann den Scheiß, der dick macht?  Warum macht ihr Werbung für ihn, warum verkauft und kauft ihr ihn?

- Liebe Erwachsene, wenn ihr wollt, dass die Kinder sich mehr bewegen, warum schließt ihr dann Sportstätten, kürzt den Sportunterricht, lasst Spielplätze versiffen und fördert die Bewegungsangebote für Kinder immer weniger?

- Liebe Erwachsene, wenn ihr wollt, dass Kinder nicht so viel vor den neuen Medien sitzen, warum sorgt ihr dann nicht dafür, dass ihre Eltern mehr Zeit und Muse haben, um etwas mit ihnen zu unternehmen und sich nicht in zwei oder mehr Jobs aufreiben müssen, um den Familienunterhalt zu sichern?

- Liebe Erwachsene, warum verdient ihr Geld mit Freizeitangeboten, die sich viele Familien einfach nicht leisten können. Poplige Indoorspielplätze, wo Dreijährige sieben Euro Eintritt bezahlen müssen, überfordern und frustrieren viele Eltern.

- Liebe Erwachsene, wenn ihr wollt, dass die Kinder sich mehr bewegen, warum mauert ihr dann alles ein und umzäunt jeden für Kinder interessanten Raum mit Latten und Regeln? Warum schließt ihr Abenteuerspielplätze und Kinder- und Jugendzentren?

- Liebe Erwachsene, warum sorgt ihr nicht dafür. dass unsere Eltern besser ausgebildet sind? Dass sie zufrieden und glücklicher leben können? Dass sie Hoffnung und Zukunftsperspektiven haben? Dann würde das vielleicht auch etwas werden mit dem bewussteren Konsum und der gemeinsamen Bewegung.

- Liebe Erwachsene, übernehmt doch endlich insgesamt Verantwortung für nachkommende Generation, ändert die Rahmenbedingungen und lasst die Eltern, die dabei Unterstützung und Hilfe brauchen, nicht länger im Stich.

Da fehlt jetzt bestimmt noch dies und das und jenes. Ich bin es leid, diese ständigen Forschungsergebnisse um die Ohren geschlagen zu bekommen, ohne dass dann daraus irgendwas grundsätzlich Sinnvolles in der Gesellschaft folgt.