Blickwinkel

„Sitz ihr eigentlich jetzt alleine am jeweiligen Schultisch?“

„Oma, das war doch schon immer so!“

Kinder halt. Sie vermissen eben manches nicht, weil sie es nicht anders kennengelernt haben. Ich allerdings denke mit Wehmut, dass das nun nichts wird mit tuscheln, abschreiben, Schiffe versenken, oder so. Das aber ist ein Blick von einer Erwachsenen. Manchmal ist es ausgesprochen hilfreich zu versuchen, mit den Augen eines Kindes zu sehen. Das verkleinert oft so einige vermutete Dramen, löst sie gar in Luft auf. ... ... ... Oder öffnet den Blick auf bisher unvermutete neue.

Schulmisere wegen Corona? Nein!

1975 habe ich angefangen zu studieren. Schon damals lagen wissenschaftlich haltbare Erkenntnisse vor, dass
 
Klassenstärken über 15 Kinder pädagogisch nicht vertretbar sind, 8-10 Kinder optimal wären
 
Frische Luft und viel Bewegung dem Lernerfolg zuträglich sind
 
Helle und lichte, einnehmend und liebevoll gestaltete und erhaltene Räume, funktionierende Sanitäranlagen insgesamt eine motivierende Atmosphäre schaffen und von Respekt gegenüber den Kindern zeugen
 
Unterrichtsausfall immer zu Lasten der eh benachteiligten Kinder geht und ein ausgeklügeltes Springersystem mit ausreichender Kapazität installiert werden muss
 
Fällt euch bestimmt noch mehr ein …
 
Aktuell vielleicht noch: Moderne Kommunikationstechnik und Arbeitsgeräte sind keine Hexenwerk, sondern sollten zur normalen Ausstattung für jede Schülerin, jeden Schüler, aller Lehrkräfte und die Schulung daran sowohl in die Aus- und Fortbildung als auch in das Curriculum schon von der ersten Klasse an gehören.
 
Und all das liegt seit Jahrzehnten im Argen und nicht erst seit März wegen Corona *grummel


Spielplatz

„Was haben Eltern eigentlich früher, als es noch keine Handys gab, dort gemacht?“

„Ähm, die waren gar nicht dort, sondern zuhause und habe die Kinder in Ruhe alleine draußen spielen lassen.“

Du darfst

Wie bringt man dem Kind jetzt mit etwas über einem Jahr bei, welche Verhaltensweisen es, um den Eltern zu gefallen, beibehalten darf und welche es zu ändern hat?

Generelle Frage: Warum muss ein Kind Dinge tun um den Eltern zu gefallen?
 
Was kleine Kinder lernen sollen, in einer beschützten Umgebung und unter bedingungsloser Liebe: Du darfst!
 
Denn nur das ist die Grundlage für das spätere Lernziel: Du musst nicht wollen, was du darfst.

Meine ganze Erfahrung sagt mir, dass es nur in dieser Abfolge funktionieren kann.

Gitter

Bringen Absperrgitter etwas, damit man z.B. in Ruhe kochen kann, ohne dass das kleine Kind im Müll oder den Schränken wühlt?
 
Ich handhabe es so, dass die Wohnung entsprechend des Alters des Kindes organisiert wird. Was darf es schon anfassen und untersuchen, ohne dass es sich selbst schaden könnte. Wegsperren geht gar nicht. Es ist mein Job, entweder gemeinsam mit dem Kind zu erforschen und generell dafür zu sorgen, dass die Umgebung kindgerecht ist. Hat immer prima funktioniert, auch jetzt wieder bei den Enkelkindern. Ich hatte zwei Gitter: Vor der Treppe und für den Hund, damit der mal eine Atempause vor den (oft doch sehr stürmischen) Liebkosungen der Kleinen hatte. Oh ja, und ein kleines Gitter am Herd noch für eine Weile. Mittlerweile, der Kleine ist drei, sieht meine Wohnung wieder ganz normal aus.

Recht und Pflicht von Eltern

Als Elternteil hast du nur eine Pflicht und nur ein Recht:

Dein Kind, zu seinem Wohle, in Zuneigung und mit Respekt auf seinem Lebensweg zu begleiten.

Schulischer Werdegang?

„Frau Müller, Ihre Enkeltochter ist jetzt in der Schule. Was wünschen Sie ihr denn für ihren schulischen Werdegang?“

„Dass sie das körperlich und seelisch ohne große Schäden überlebt; dass sie ihre Lust am Lernen, ihre Kreativität, ihre Neugierde, ihren zornigen Gerechtigkeitssinn und ihre Empathie ins erwachsene Sein hinüber rettet, und dass sie generell gelassen mit all dem schulischen Unfug umzugehen lernt.“
 
„Ich dachte jetzt eher an so etwas wie Fleiß, gute Noten, tollen Abschluss, Frau Müller.“
 
„Ja, ich weiß, so denken Sie. Ich jedoch nicht.“

Nein, ist es nicht.

„Ab und an Kinder anzuschreien ist doch menschlich!“

„Ein Klaps kann im Alltag schon mal passieren!“

 So oder so ähnlich. Ich kann es nicht mehr hören.

Solange es nicht gesellschaftliche Norm ist, von der Mehrheit akzeptiert und verinnerlicht, dass man Kinder nicht anschreit, demütigt, vernachlässigt und nicht schlägt, bleiben das nur läppische Entschuldigungen und Ablenkungsmanöver, bei denen sämtliche Alarmsirenen klingeln müssen. 

Weltkindertag 2020

Heute ist bei uns Weltkindertag. Interessiert das irgendwen? Themen, die das Kindeswohl betreffen sind ja in unserer Gesellschaft nicht so der Burner.

Kinder haben Rechte! und ich hör den deutschen Michel plärren: “Rechte? Pflichten, zu allerstmal haben die Pflichten!  Gehorsam, Disziplin, Anstand! Deutsche Tugenden, deutsche Kultur.“
 
Ach, leckt mich doch.
 
Keine Links hier zu all den Missbrauchs und den Gewaltfällen im Lande. Kein Link zu dem Elend der versklavten Kinder in haitischen „Gastfamilien“, kein Link zu den Kobaltminen, kein Link zu dem elendigen Verrecken der Kinder in den Höllen von Flucht und Vertreibung, kein Link über die Bürden als Mädchen auf dieser Welt zu sein, keine Links zu als dem Schmerz und dem Leiden, das wir den Kindern dieser Welt zumuten.
 
Wir wissen es alle. Und wer es nicht wissen will, dem helfen auch keine Fakten und Informationen. Wir, als Menschheit, wissen es und wir tun in Mehrheit: Nichts. 
 
Auf das irgendwann jeder Tag auf dieser Welt ein Kindertag sein wird.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.


Handwechsel

Hausaufgaben mit KleinMadame. Irgendwie klappt heute nix. Alle Buchstaben, die sie eigentlich gut kann, sehen aus wie Krikelkrakel. Aber sie übt und übt verbissen und irgendwann kann man wirklich sowas wie eine Ähnlichkeit erkennen. Also lob ich mal und KleinMadame strahlt: "Siehste Oma, ich kann das auch mit der anderen Hand!" Ups, ist mir doch glatt etwas entgangen. Sie ist eine Spielerin auf ihre ganz eigene, entzückende Art. *strahl

Zum Glück gibt es heute – hoffe ich – nicht mehr diese Quälerei der Kinder mit der „guten“ und der „schlechten“ Hand. Oder? ODER?


Schulbeginn und so

Erste Erfahrungen bei der Hausaufgabenbegleitung mit KleinMadam:
 
„Du solltest die 4 anders rum schreiben.“
„Warum? Ich schreibe sie halt so rum.“
„Dann kann aber jemand anders sie gar nicht lesen.“
„Man kann mich doch fragen, was das heißt!“
 
… … …
 
„Was habe ich denn hier falsch gemacht?“
„Du solltest so viele gleiche Figuren malen, wie auf dem Würfel sind. Du hast da aber alles Mögliche hingemalt.“
„Aber die Anzahl stimmt doch, oder?“
„Ja, aber das war nicht die genaue Aufgabe.“
„So ein Quatsch. Das sieht doch so viel schöner und bunter aus!“
 
… … …
 
Auf der einen Seite: Wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis KleinMadame die Spielregeln des Systems erfasst und flexibel damit umgehen kann.
 
Auf der anderen Seite: Ich liebe sie dafür, dass sie sich der nahtlosen Anpassung so kreativ verweigert.
 
*Anmerkung Sie war ganz traurig, dass sie nicht zur Klassensprecherin gewählt wurde. Aber alleine dafür, dass sie sich überhaupt zur Wahl gestellt hat, könnte ich sie zu Boden kuscheln.


Mehrsprachigkeit

Zu dem Gedöns, dass zu viele Kinder zuhause nicht deutsch sprächen, folgende Überlegungen:

Kinder wachsen meistens ohne Probleme, quasi nebenbei, in mehreren Sprachen auf – das nennt man bilingual. 

Kindergärten werben sogar damit, dass sie noch eine Fremdsprache anbieten. Scheint kein Problem zu sein, wenn es sich dabei um Englisch, Französisch oder gar Chinesisch handelt.

Die Abwertung der nichtdeutschen/nicht gewünschten Muttersprache verwirrt die Kinder. Ich erinnere mich, dass meine damaligen HauptschülerInnen davon überzeugt waren in ihren Lebensläufen „keine Fremdsprachen“ angeben zu dürfen, obwohl sie seit Jahren perfekt in ihrer jeweiligen Muttersprache und in diversen dazugehörigen Dialekten simultan die schwierigsten Gespräche für ihre Eltern übersetzen und fließend zwischen diesen Sprachen wechseln konnten.

Das Problem ist meiner Meinung nach nicht, dass Kinder mehrsprachig aufwachsen, sondern das Problem ist, dass Kindergarten/Schule anscheinend nicht in der Lage sind, die deutsche Sprache in einer Art und Weise zu lehren, dass alle! Kinder (auch die nur deutschsprachigen) sich darin kompetent wie Fische im Wasser bewegen können.

Also, was soll das? 

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