Das Warten, immer dieses Warten. Es war das Schlimmste.
Meistens wusste sie dann schon gar nicht mehr, wofür die Schläge eigentlich
gedacht sein würden. Das Warten. Schlimmer als jeder körperliche Schmerz. Das
Warten. Eingebrannt in ihre Seele. Ticktack, ticktack. Mit jeder Minute
zerfloss das Warum. Es blieb nur das Warten. Diese anschäumende Verzweiflung.
Diese Gewissheit, dass die Schläge kommen werden. Irgendwann. Ohne Warum. Warten.
Ausgeliefert. Andere Tätigkeiten erschienen wichtiger als ihre Bestrafung.
Wichtiger als ihr Vergehen. Wichtiger als sie. Warten. Immer kleiner wurde sie.
Sie war so unbedeutend. So nichtig. Warten. Fast dankbar ergab sie sich dann in
den Schmerz des Stockes. Er setzte einen Schlusspunkt. Das Warten verblasste.
Nach vielen, vielen Jahren erst bemerkte sie die
Untermieterin. Eine alte Bekannte war wohl nie bei ihr ausgezogen. Die Warterei
trinkt heut noch ab und an Käffchen mit ihr. Sie kommt immer zu früh. Und die
anderen zu spät. Sie wartet. Ob man sie vergessen hat? Ob sie es missverstanden
hat? Tauchend nach ihrer Schuld bleiben ihre Hände immer noch leer. Sie wartet.
Schmerzhaft. Sucht in sich nach ihrem erwachsenen Zorn. Manchmal plätschert er
blinzelnd nach oben. Verläuft sich aber in fröhliche Dankbarkeit, wenn das
Warten ein Ende hat.
(im Alter bis 7 Jahre, denn danach gab es die
Schlägerin nicht mehr)